Nie wieder renovieren- Neuer Beitrag im Live-Magazin

Nie wieder renovieren!

Nie wieder renovieren!

Fast jeder Mieter kennt sie. Fast jeder Mietvertrag sieht sie vor. Durch eine Renovierungsklausel werden Mieter verpflichtet Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung auf eigene Kosten durchzuführen. Was viele nicht wissen: eigentlich trifft diese Verpflichtung die Vermieter. Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Vermieter dazu verpflichtet, die Wohnung während der Mietzeit „in einer zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten“. Treffen Vermieter und Mieter also keine besondere Vereinbarung, können Mieter theoretisch verlangen, dass der Vermieter etwa die Wohnung neu tapeziert und streicht, wenn der Abnutzungsgrad dies erfordert.

In der Praxis wälzen Vermieter Renovierungspflichten daher regelmäßig durch entsprechende Vertragsklauseln auf die Mieter ab. Bereits 1987 erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) derartige Klauseln für zulässig. Nach Ansicht des Gerichts stelle die Renovierungspflicht wirtschaftlich betrachtet einen Teil der zu entrichtenden Miete dar. Wäre der Vermieter selbst zur Renovierung verpflichtet, müsste er diese Kosten bei der Höhe des Mietzinses berücksichtigen.

Zur Vermeidung von Streitigkeiten über die Renovierungsbedürftigkeit einer Wohnung sahen viele Verträge starre Fristen vor, die bestimmten, in welchen Zeitabständen die Arbeiten durchgeführt werden sollten. Damals ließ der BGH derartige Fristen unbeanstandet, stellte jedoch klar, dass der Lauf der Frist erst bei Einzug des Mieters beginne.

Seit 2004 entschied der BGH sodann restriktiver. Starre Fristen erklärte das Gericht für generell unwirksam, da diese das individuelle Wohnverhalten der Mieter und den unterschiedlichen Abnutzungsgrad der Wohnungen im Einzelfall nicht berücksichtigten. In der Folgezeit hielten so genannte „weiche Fristen“ einer Prüfung durch den BGH weitestgehend Stand. Danach sollten Schönheitsreparaturen nur „in der Regel“ innerhalb bestimmter Fristen erfolgen, so dass Abweichungen hiervon möglich blieben. Auch Regelungen, nach denen Mieter bei Auszug die Kosten einer erst künftig erforderlich werdenden Renovierung anteilig zahlen sollten, akzeptierte das Gericht (s.g. „Quotenabgeltungsklauseln“).

In seinen jüngsten Entscheidungen (18.03.2015) ändert der BGH seine Ansichten nun nochmals zu Gunsten der Mieter. Das Gericht stellte klar, dass Mieter bei Übernahme einer unrenovierten Wohnung durch Auferlegung einer Renovierungspflicht stets benachteiligt würden. Keinesfalls dürften Mieter (ausgleichslos) mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Vormieter belastet werden.

Unwirksam sind nicht nur Renovierungs-, sondern auch Abgeltungsklauseln zur anteiligen Kostenübernahme. Denn eine hypothetische Betrachtung dazu, wann die Wohnung tatsächlich renovierungsbedürftig gewesen wäre, wenn der Mieter die Nutzung fortgesetzt hätte, ist weder klar verständlich, noch lässt sich dies verlässlich ermitteln.

Die neuen Entscheidungen dürften tausende Mietverträge betreffen. Vielen Mietern, die Renovierungsarbeiten durchgeführt haben, dürften Ersatzansprüche gegen Ihre Vermieter zustehen. Mieter, deren Verträge unwirksame Klauseln enthalten, können von Ihren Vermietern sogar die Durchführung notwendiger Renovierungsarbeiten verlangen.

Vermieter sollten bei Abschluss weiterer Verträge die neuen Entscheidungen unbedingt beachten und Mietern bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung ggf. einen Ausgleich, etwa in Form eines Mieterlasses, gewähren. Andernfalls laufen sie Gefahr, Renovierungsarbeiten wegen unwirksamer Klauseln auf eigene Kosten durchführen zu müssen.