„Blutgrätsche“ – Haftungsrisiko für Sportler ?

Blutgrätsche.gifWenn am 18. Januar die Rückrunde der Bundesliga beginnt, wird der Zuschauer wieder Zeuge zahlreicher Foulspiele und Regelverstöße werden. Nicht selten kommt es hierbei zu erheblichen Verletzungen. Während sich so mancher Fan in wüsten Beschimpfungen des foulenden Spielers übt, fragen sich andere, ob der verletzende Spieler nicht auch rechtliche Konsequenzen tragen muss.

Gerichtlich ist dies oft nicht einfach zu klären. Das Oberlandesgericht Hamm hatte nun einen Fall aus der Kreisliga zu entscheiden. In seinem Urteil vom 22.10.2012 sprach es dem verletzten Spieler Schadensersatz in Höhe von 50.000,– Euro zu (Az. I-6 U 241/11). Das Gericht bestätigte hiermit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dortmund.

Bereits seit Jahrzehnten ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch Gesundheitsverletzungen im Rahmen eines Fußballspiels oder anderer Sportarten Schadensersatzpflichten begründen können. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 823 BGB, wenn das Foulspiel eine „unerlaubte Handlung“ darstellt.

Neben einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit setzt dies voraus, dass das Verhalten des Verursachers rechtswidrig und schuldhaft war. Wann dies der Fall ist, richtet sich hierbei nicht nach der Bewertung des Schiedsrichters, der etwa die „Rote Karte“ zeigt, sondern nach den allgemeinen rechtlichen Grundsätzen.

Die Rechtswidrigkeit eines Foulspiels ist ausgeschlossen, wenn es durch ein rechtliches Einverständnis gedeckt ist. Typischerweise ist insbesondere Fußball eine kämpferische und körperbetonte Sportart. Durch das freiwillige Eingehen des Risikos, beim Kampf um den Ball versehentlich verletzt zu werden, akzeptieren die Spieler auch eine gewisse „erlaubte Härte“ des Gegners, soweit sich diese im Rahmen der Spielregeln hält. Kommt es dennoch zu einer Verletzung, so wird diese nicht als rechtswidrig bewertet. Andernfalls würden Spieler auch ständig Gefahr laufen sich schadensersatzpflichtig zu machen, was sicher zu einer enormen Beeinträchtigung des Spieleinsatzes führen würde. In der Rechtsprechung werden Schadensersatzansprüche deshalb bei geringfügigen Regelverstößen überwiegend abgelehnt.

Eine Überschreitung eines solchen Einverständnisses liegt nach dem Urteil des OLG Hamm jedoch vor, wenn der Spieler grob rücksichtslos handelt und so gegen eine DFB-Fußballregel verstößt. In dem vom Gericht zu beurteilenden Fall, war ein Spieler aus weiter Entfernung auf den Geschädigten zugelaufen und hatte diesen mit ausgestrecktem Bein getroffen, obwohl der Ball bereits abgespielt worden war (sogenannte „Blutgrätsche“).

Ob eine solche grobe Regelwidrigkeit vorliegt, oder lediglich eine „erlaubte Härte“, welche sich noch im Rahmen des generellen Einverständnisses der Spieler hält, ist von den Gerichten im Einzelfall zu klären. Hierbei kann es zu Abgrenzungsproblemen kommen. Die Beweislast dafür, dass es sich noch um eine erlaubte Härte handelt, trägt hierbei der foulende Spieler. Der Verletzte hingegen muss lediglich darlegen, dass dieser zumindest fahrlässig handelte. Der Schädiger ist dem Verletzten dann zum Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet. Dies kann neben einem zu gewährenden Schmerzensgeld auch der Schaden sein, der dadurch entsteht, dass der Betroffene eventuell sogar aufgrund der Verletzung seinen Beruf nicht mehr ausüben kann (so im Fall des OLG Hamm). Für den Schädiger kann es so u.U. enorm teuer werden. Zu befürchten hat der Spieler im Übrigen dann auch eine strafrechtliche Verfolgung wegen Körperverletzung. Die Beweispflicht obliegt im Strafprozess allerdings insgesamt dem Staat.

Für Amateur-Fußballer und andere Sportler, welche sich durch ein grob unsportliches Foul eine Verletzung zuziehen, kann es sich also wirtschaftlich lohnen einen rechtlichen Rat einzuholen und ggf. Schadensersatzansprüche geltend zu machen.