Erfolg in 2. Instanz- Keine Pflicht zur Vorlage eines Gutachtens vor dem Verkauf des Unfallwagens

In einer Berufungssache vor dem Landgericht Bonn konnten wir Schadensersatzansprüche eines Mandanten aus einem Verkehrsunfall in voller Höhe durchsetzen. Das Gericht gab uns in allen Punkten Recht und änderte das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Euskirchen entsprechend ab. Das Landgericht folgte damit unserer Rechtsauffassung, nach der eine Verpflichtung eines Unfallgeschädigten dazu, ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten, vor einer Veräußerung des Unfallfahrzeugs, zu einem Preis in Höhe des gutachterlich festgestellten Restwertes, zunächst der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu übersenden, nicht existiert. Gegenteiliges hatte zuvor das OLG Köln in einem Hinweisbeschluss vertreten. Der Schädiger müsse Gelegenheit erhalten ein besseres Angebot zu unterbreiten (16.07.2012, Az.: 13 U 80/12). Im Einzelnen:

Unser Mandant (der spätere Kläger und Berufungskläger) verunfallte im November 2013 mit seinem Pkw. Unstreitig hatte ihm der Unfallgegner die Vorfahrt genommen. Zur Feststellung des entstandenen Schadens ließ unser Mandant sein Fahrzeug nur wenige Tage nach dem Unfallgeschehen durch einen Sachverständigen begutachten. Dieser stellte fest, dass das Fahrzeug einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hatte. Ausweislich des Gutachtens sollte sich der Restwert des Fahrzeuges auf einen Betrag in Höhe von € 5.200,00 belaufen.

Im Auftrag unseres Mandanten forderten wir daraufhin die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung zum Ersatz des entstandenen Schadens auf. Diesen bezifferten wir in Höhe des gutachterlich festgestellten Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes des Fahrzeugs. Zeitgleich veräußerte unser Mandant das Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe des festgestellten Restwertes.

Unter Hinweis auf ein höheres Angebot einer in Trier ansässigen Firma verweigerte die Versicherung im Folgenden eine vollständige Erstattung des Schadens. Die Annahme des Angebotes war unserem Mandanten aufgrund des bereits erfolgten Verkaufs nicht mehr möglich. Nach Ansicht der Versicherung sollte sich unser Mandant daher den höheren Kaufpreis bei der Bezifferung des Schadens anrechnen lassen. Durch den frühzeitigen Verkauf des Fahrzeugs hätte unser Mandant seine Pflicht zur Minderung des Schadens verletzt. Die Versicherung berief sich hierbei auf den Beschluss des OLG Köln.

Die Ansicht, der Geschädigte eines Unfallgeschehens müsse der Versicherung zunächst die Möglichkeit geben eigene Angebote zu unterbreiten, ist jedoch weder mit den gesetzlichen Bestimmungen noch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vereinbar. Grundsätzlich ist der Geschädigte berechtigt, den entstandenen Schaden in eigener Regie zu beseitigen. Von dem Unfallverursacher kann er den hierfür erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs.2 BGB). Folgerichtig ist der Geschädigte auch nicht verpflichtet, der Versicherung vor dem Verkauf des Unfallwagens das Sachverständigengutachten zu übersenden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Unfallgeschädigte bei der Veräußerung des Unfallwagens grundsätzlich auf die Feststellungen eines Sachverständigen bzgl. des Restwertes des Fahrzeuges vertrauen können. Eine generelle Verpflichtung, zunächst abzuwarten, ob die Versicherung ein höheres Angebot unterbreiten kann, besteht nicht. Dies bestätigte nun auch das Landgericht Bonn. Die allgemeine Verpflichtung eines jeden Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, bleibt davon unberührt.

Das vollständige Urteil finden Sie hier:

Urteil des LG Bonn vom 12.05.2015, Az. 8 S 320/14

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