Schadensersatz bei fehlendem Kita-Platz

Artikel-Live-Magazin-28.11 Viele junge Mütter (und Väter) wollen sich heute in ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr einschränken. Dem Dilemma der Unvereinbarkeit von Kind und Karriere hat der Gesetzgeber Rechnung getragen.

Zum 01.08.2013 tritt eine Neuregelung in Kraft, die Kindern, vertreten durch ihre Eltern, einen

Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung zubilligt. Für jedes Kind zwischen einem und drei Jahren besteht danach ein einklagbares s.g. subjektiv-öffentliches Recht auf Förderung in einer Kita. Bisher bestand ein solcher Anspruch nur bezüglich eines Kindergartenplatzes ab dem 4. Lebensjahr.

Die Behörden sind also verpflichtet Kita-Plätze nach Bedarf zur Verfügung zu stellen. Hierbei sind nicht nur tatsächliche Anfragen, sondern die Bedürfnisse und Interessen der Eltern für einen mittelfristigen Zeitraum zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass Plätze auch für diejenigen Kinder eingeplant werden müssen, deren Eltern diese, z.B. wegen Unkenntnis der Rechtslage, noch gar nicht in Anspruch nehmen.

In zeitlicher Hinsicht muss selbst eine ganztägige Betreuung ermöglicht werden. Nur so kann eine berufliche Beeinträchtigung ausgeschlossen werden. Das kindliche Wohlergehen stärkt die Neuregelung dadurch, dass neben der Verwahrung auch die Förderung des Kindes durch qualifiziertes Personal einklagbar ist.

Ca.. 200.000 derzeit bundesweit noch fehlende Kita-Plätze gilt es durch die Behörden zu schaffen, um einer Klagewelle zu entgehen. Denn der Anspruch besteht unbedingt und ermessensfrei, so dass auch der Einwand der Kapazitätenerschöpfung unerheblich ist. Leistet eine Behörde dem Antrag auf Zuweisung eines Kita-Platzes nicht Folge, können Eltern die Kosten einer privaten Kinderbetreuung durch eine Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht ersetzt verlangen. Dies entschied bereits das Verwaltungsgericht Mainz am 10.05.2012 (Az. 1 K 981/11.MZ). In seiner Entscheidung hatte es einer Frau Schadensersatz in Höhe von 2.200 € für die Beauftragung einer Kinderbetreuung zugesprochen, nachdem die Stadt Mainz ihrer Pflicht zur Verschaffung eines Kita-Platzes nicht nachgekommen war (Ein Rechtsanspruch besteht in Rheinland-Pfalz bereits seit 2010). Auch in zweiter Instanz unterlag die Stadt Mainz nun vollständig (OVG Rheinland-Pfalz, 25.10.2012, Az. 7 A 10671/12.OVG).

Soweit eine Kita-Zuweisung nicht erfolgt, stellt dies im Übrigen eine Amtspflichtverletzung dar. Ein Verschulden der Behörde wird dann regelmäßig schon deswegen zu bejahen sein, weil dieser seit Verkündung der Neuregelung im Jahr 2008 bereits ein Zeitraum von viereinhalb Jahren zur Schaffung ausreichender Kapazitäten zur Verfügung stand. Zu ersetzen sind den Eltern dann neben den Betreuungskosten auch etwaiger Verdienstausfall sowie im Streitfall notwendige Anwaltskosten.

Der Kreis Euskirchen ist derzeit optimistisch, bis August 2013 Plätze für rund 50 Prozent der Kinder schaffen zu können. Sollte der tatsächliche Bedarf jedoch hierüber hinausgehen, wird es zu Kapazitätsproblemen kommen. Eltern, deren Kind zum 01.08.2013 das 1.Lebensjahr vollendet haben wird, sollten daher bei Bedarf frühzeitig einen Antrag auf Zuweisung eines Kita-Platzes stellen, um bei Unterlassung rechtzeitig die notwendigen (auch rechtlichen) Schritte einleiten zu können.

Artikel aus Live-Magazin 28.11.12 (PDF)